Evangelische Stadtkirche St. Germanus von 1478

 

Die Herkunft des Namens "St. Germanus" ist ungeklärt.
Erbaut 1493/94, gotischer Umbau 1478, 1634 zerstört, 1654 - 56 wieder aufgebaut, 1803 durch wesentlichen Umbau erweitert, 1967 - 70 restauriert, durch HAP Grieshaber (Altarwand "Josefslegende" von 1970) und Ulrich Henn ausgestattet (Altarkreuz, Taufsteinaufsatz und Eingangstür).

UNTERTüRKHEIMER ZEITUNG 4.12.2009: 
Kirchengemeinde erinnert am 100. Geburtstag an den Maler und Holzschneider „HAP“ Grieshaber 

Viele Menschen kennen Untertürkheim wegen des Motorenwerks, andere wegen der guten Weine, wiederum andere wegen eines bedeutenden Kunstwerks: der Josefswand von „HAP“ Grieshaber in der Stadtkirche. Der Maler und Holzschneider von der Achalm hat das Kunstwerk vor 40 Jahren der Stadtkirche geschenkt. Zu seinem 100. Geburtstag wird am Sonntag in der Stadtkirche an Grieshaber erinnert. 

Von Mathias Kuhn 
Immer wieder stehen Touristen mit einem Stadt- oder Kunstführer am Karl-Benz-Platz. Sie suchen nicht das Mercedes-Benz-Museum, sondern fragen nach der „Grieshaber-Wand“ in der Stadtkirche. Schließlich gehört die Altarwand mit den 36 großen Tafeln zu den wichtigsten Werken, die einer der bedeutendsten deutschen Künstler des 20. Jahrhunderts schuf. Helmut Andreas Paul „HAP“ Grieshaber wurde am 1909 im oberschwäbischen Rot an der Rot geboren, ging in Nagold und Reutlingen zur Schule, legte an der Stuttgarter Kunstgewerbeschule ein Examen ab und setzte seine Studien im Ausland fort. Während der NS-Zeit hatte er Berufsverbot, musste in den Krieg und siedelte sich nach der Kriegsgefangenschaft 1947 auf der Achalm bei Reutlingen an. In den Nachkriegsjahren erwarb er sich den Ruf als einer der bedeutendsten bildenden Künstler Deutschlands. Er erneuerte den Holzschnitt zu einem eigenständigen, monumentalen Wandbild. Dreimal nahm er an der „documenta“ teil. Er erhielt etliche Preise, Retrospektiven würdigten früh seine Bedeutung. 

Der Ausstellung „Grieshaber 60“ im Württembergischen Kunstverein hat Untertürkheim die imposante Altarwand zu „verdanken“. Die Stadtkirche wurde von 1968 bis 1970 umgebaut. Eine bedeutende Rolle sollte der 7,5 Meter hohen und 8,5 Meter breiten verschiebbaren Altarwand zukommen. Obwohl die Architekten drängten, konnte sich der Kirchengemeinderat auf keine Gestaltung einigen. Das Schicksal oder ein Zeichen Gottes sollte helfen. Katharina Eßlinger, die Frau des Stadtkirchenpfarrers, besuchte die Ausstellung „Grieshaber 60“ und überredete ihren Mann und Kirchengemeinderäte die Werkschau anzusehen. Die Überzeugung reifte, dass der Holzschneider von der Achalm der richtige Künstler für die Wand sein könnte. Pfarrer Eßlinger schrieb einen Brief, und nachdem er von Grieshaber wochenlang nichts hörte, fragte er telefonisch nach. Greishaber lud die Untertürkheimer auf die Achalm ein. So erfolgte der Kirchengemeinderatsausflug nach Reutlingen. „Wir waren beinahe auf der Achalm, als uns ein Mann im gelben Regencape herunter winkte, in sein Weinberghaus und Atelier“, erinnert sich Eßlinger. 

Nach einer Stunde hatten sich die Untertürkheimer und Grieshaber geeinigt. Statt des von den Untertürkheimern vorgeschlagenen Abrahamsengels, wollte er die Josefsgeschichte für die Schiebewand kreieren. Als die Untertürkheimer nach dem Preis fragten, antwortete der Künstler: „Erstens könntet Ihr des net zahle, ond zweitens mach i koe Gschäft mi am liabe Gott.“ Die Untertürkheimer bezahlten die Unkosten und erhielten einen unbezahlbaren Schatz als Geschenk: Die Josefswand, auf der Grieshaber auf 36 Tafeln die Josephslegende darstellt. „In Zeiten des Nahostkonflikts trat Grieshaber dabei auch für die Aussöhnung von Israel und den Arabern ein“, stellt der spätere Stadtkirchenpfarrer Gustav Zmaila zeithistorische Bezüge klar. 

Zum 100. Geburtstag von Grieshaber erinnert Zmaila an das Wirken des Holzschneiders von der Achalm. Am Sonntag, 6. Dezember 2009, hält Zmaila um 17 Uhr in der Stadtkirche den Vortrag „Eine adventliche Betrachtung und Besinnung zu Grieshabers Josefswand“. Irene und Reinald Ziegler untermalen den Abend mit Stücken von Mozart, Vivaldi und Bach. 

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